Der folgende Beitrag stammt von der in Kärnten gebürtigen, in Wien lebenden Autorin Greta Lauer. Sie hat bei Impulstanz die Vorstellung von Glitch Choir am 14.7. im Mumok besucht.
Im weißen Auge
Kein Grund in Sicht
Kein Ufer
Horizont
Himmel
Gestirn
Im weißen Auge
Stimmen
Kratzen
Fasern
Nerven
Adern
Zappeln
Zucken
Schlittern
Durch Pupillenschlitz
Stimmen
Fressen
Wühlen
Fallen
In den Rachen
Finden
Ihren Apparat
Glottides, Glottides
Stimmen
In Bändern
Glottides, Glottides
Spinnen
Ein Lied
Das Lied
Gräbt
In Mundhöhlen
Material
Wird
Gestalt
Zieht
Das Lied
Aus
Einander
Zieht
Das Lied
Tränen
Über das Lid
Schwestern, Wassergeister
Vorlaut lieblich leise
Langzahm gar still
Steigen
Schwestern
Wassergeister
Ungeheuer Licht
Blau
Aus Tränen
Zaubern sie Zappeln
Spuren
Vertrauern kein Verfließen
Rinnen munter runter
Unten ist oben
Oben dazwischen
Immer: anstelle von
Immer: sich wenden nach
Jetzt tümmelt sichs jetzt
Fließt fegt flitzt blitzt
Rinnt und regen sich
Sogar die Stillen
Halsen sich Halt
In Rissen
Brüche
Lüsteln
In Lücken
Geliebte
Zungen
Wachsen Worte
An Fersen?
Unter der Hornhaut?
Du
Ich
Auch?
Tropfen Stimmen in Augen ein
Scheiden Tränen aus
Streichen über Schulter
Halten Kopf
Verdrehen ihn
Saugen
Saugen
Rauben
Ritzen mit den Kanten
Der Blicke
Zeichen in die Rücken
Stürzen vorwärts
Speicheln Wünsche
Auf Lider
Starren
Stehen starr
Ziehen
Zurück stülpen
Nach innen
Umarmen uns, halten den Blick
Während eines weiteren Konflikts
Schuhe aus
Verbrilllen
Chaos
Kosmos
Greift aus
Weißem Auge
Schwestern! Wassergeister!
Aus dem Furchtwasser
Aus dem Furchtwasser
Weißer Augen
Recken Hälse
Neue Münder
Folgen den Spuren
Ans andere Ufer
Vom Himmel
Körper zu gabeln
Dritte
Tropfen
Aus Mundecken
Auf den Grund
Fangen Stimmen
In Tüchern
Tummeln sich
Tausend Sommer
Tränken das Gewebe
Aus Stimmbändern
Sie spinnen
Zwischen Stirnen
Dritte Augen
Schwestern!
Wassergeister!
Dritte!
Feuchtelten Sträuße
Kränze
Aus Kehlen
Für Kathedralen
Toter Denker
Aus den Senken
Schwarzer Taschenbücher
Ein Klaggerüst
Tausend Jahre lang
Jetzt bricht
Das alte Lied
In neue Klänge
Über Lider
Weißer Augen
Sie schlackern
Glottides Glottides
Wir schlackern
Wir schlackern
Mit den Kehlen
Glottides Glottides
Unser Apparat
In das weiße
Singen wir
Mit Drittem Auge:
Haargel Fehler Hoodies
Kabel Pilze Hobel
Jeansstoff Dornen
Socken Mikrophon
Schokolade Stoff
Laminiergerät Wut
Tassen Asche
Terazzo Nieten
Papier Libelle Lotion
Gabeln Wind Tulpe
Salz Spritzen Kometen
Nebel Flip-Flops
Zisternen Pflaster
Piercings Draht Balsam
Spangen Kaugummi
Pipetten Kerzen Kapern
Muscheln Mikrochips
Mooncup Quasten
Metronom Hustenzuckerl
Knöpfe Lampe
Reis Schatten Konfetti
Gehen dann Körper suchen
Gehen dann Wünsche nachgebären
Gehen dann über Landkarten der Sorge
Gehen dann Ordnung machen
Gehen dann Reden unterbrechen
Gehen dann Teppiche kaufen
Gehen dann Plätze besetzen
Gehen dann Schultern streicheln
Gehen dann aus Lust Körbe flechten
Gehen dann aus Leid Körbe flechten
Gehen dann Lieder in die Träume legen
Gehen dann Essen
Gehen dann
Bis wir kommen
Gehen wir
An die Stelle
Deiner Traurigkeit
Hieven sie
Über das Lid
Des weißen Auges
In den Hall
Aus Verschaltungen
Mit Dritten
Greta Lauer, geboren in Klagenfurt/Celovec, lebt derzeit in Wien. Studium der Germanistik, Philosophie und Psychoanalyse. Sie schreibt szenische Texte, lyrische Texte und Prosatexte, tritt mit der Formation Lunchbreak auf und veröffentlichte in verschiedenen Literaturzeitschriften. Im März 2023 ist ihr Debut Gedeih und Verderb im Luftschacht Verlag erschienen. (mehr Infos zur Autorin)
Gemeinschaft in Dissonanz: Inspiriert von der kulturübergreifenden und mehrheitlich von Frauen praktizierten archaischen Tradition der öffentlichen Trauerarbeit, widmet sich Deva Schubert der Stimme, genauer, dem Klagelied, als kollektiver Technik des Trauerns. Für die Dekonstruktion eines italienischen Lamentos dient ihr der „Glitch“ als Werkzeug, die Störung oder fehlerhafte Übertragung eines Bildes oder Videos. Das eigentlich rein digitale, immaterielle Phänomen wird hier im Tanz in den Körpern und Stimmen Schuberts und ihrer Co-Performerin Chihiro Araki hörbar, sichtbar, spürbar. Glitch Choir lädt ein, die Unterbrechung auch als Öffnung wahrzunehmen, um komplexen, widerständigen und historisch oftmals übergangenen Formen der Trauer Ausdruck zu verleihen. Der White Cube des mumok wird zum Resonanzraum und die Missklänge verbinden sich zum Kollektivgesang. (mehr Infos zu Glitch Choir)
Mit einem jährlichen Performance-Programm mit mehr als 50 Produktionen in den wichtigsten Spielstätten der Stadt, über 200 Workshops und Research Projects und dem Musikprogramm Soçial zählt ImPulsTanz zu den wichtigsten Festivals für zeitgenössischen Tanz und Performance weltweit. (mehr Infos zu ImPulsTanz)